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Was uns in Krisen stärkt

Acht Resilienzfaktoren, die uns in Krisenzeiten widerstandsfähig machen

Von Ekkehart Padberg

Die Corona Krise ist da. An dieser Tatsache gibt es nichts zu ändern. Was wir jedoch aktiv verändern und stärken können, ist unser mentaler Umgang damit. Unser Mindset entscheidet maßgeblich darüber, wie wir Krisen erleben und in welchem Maß sie unsere Gesundheit schwächen oder stärken. Die gute Nachricht: Wir haben über unsere Resilienzfaktoren direkten Einfluss auf unser Er-Leben und unsere mentale, körperlich und seelische Widerstandskraft. 

Wir stellen Ihnen die wichtigsten Resilienzfaktoren vor, wie Sie diese gezielt nutzen können, um mit Krisen gleich welcher Art umzugehen – und vielleicht sogar gestärkt daraus hervorzugehen.

Während die einen sich um ihre wirtschaftliche Existenz sorgen und nicht mehr ein noch aus wissen, setzen andere neue Ideen um, wie sie ihr Geschäft am Laufen halten oder gar erweitern können. Die einen Familien, die Corona im Homeoffice erleben, genießen die Zeit mit ihren Kindern, während andere unter der Belastung zunehmend auch gesundheitlich leiden. Was ist Resilienz und wie kann sie in der jetzigen Situation helfen?

Der Begriff der Resilienz kommt ursprünglich aus der Materialkunde. Er bezeichnet die Fähigkeit eines Metalls, nach extremen mechanischen oder thermischen Belastungen wieder in seine Ursprungsform zurück zu finden. Bezogen auf den Umgang mit mental und seelisch besonders herausfordernden Situationen liefert die Resilienzforschung wichtige Informationen, wie wir bestmöglich mit Krisen umgehen und dabei widerstandsfähiger werden können. Hierbei wirkt sich unsere mentale Stärke unmittelbar auf unsere körperliche und seelische Gesundheit aus, da Körper, Geist und Seele in einer ständigen Wechselbeziehung stehen..1

Wir arbeiten in unseren Coachings und Trainings mit den hier vorgestellten acht Faktoren-Modell, da es sich im Laufe der Jahre als besonders wirksam erwiesen hat.

1. Akzeptanz
…ist die Fähigkeit, die Dinge so anzunehmen, wie sie sind.


Egal, ob wir eine negative gesundheitliche Diagnose erhalten, eine Trennung hinter uns haben oder wirtschaftlich von der Corona-Krise betroffen sind. Es hört sich banal an, doch – „Es ist, wie es ist!“. Und so schwer dies im ersten Moment zu verstehen ist und wir uns dagegen auflehnen: Erst wenn wir aufhören, die Tatsachen zu ignorieren, zu verleugnen oder uns über sie aufzuregen, wird die Energie frei, die wir brauchen, um die Fakten so zu sehen, wie sie sind. Und erst dann haben wir den „Kopf frei“, um über mögliche Veränderungen nachzudenken. 

2. Hoffnung
…ist die Fähigkeit, positiv in die Zukunft zu blicken und an einen guten Verlauf der Dinge zu glauben.


Hoffnung ist immer die Hinwendung zum Leben und die wichtigste Voraussetzung für unsere mentale, körperliche und seelische Gesundheit. „Hoffnung ist wie der erste Sonnenstrahl, der garantiert auf jede dunkle Nacht folgen wird“, hat sie Ernst Bloch bezeichnet. 

Dr. Carl O. Simonton, einer der Pioniere der Psychoonkologie, stellte schon Ende der 1960-er Jahre fest: Wenn negative Gedanken krank machen, können positive Gedanken gesund machen. Er wies nach, dass bei Krebspatienten, die alle die gleiche Diagnose hatten, vor allem diejenigen gesund wurden oder deutlich länger als prognostiziert lebten, die waren, die Hoffnung und ein Ziel für ihr Leben vor Augen hatten. Anhand seines „Leib-Seele-Modells“ belegte er, wie rasch unser Immunsystem auf dieses „Prinzip Hoffnung“ positiv reagiert.2

3. Selbstwertschätzung und Selbstfürsorge
…ist die Fähigkeit sich selbst und seiner Werte bewusst zu sein und für ein körperliches, seelisches und mentales Gleichgewicht zu sorgen.


Wer sich selbst als Mensch wertschätzt und sich um seine körperliche, mentale und seelische Gesundheit kümmert, bleibt in Balance mit sich und seiner Umwelt. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um schnell und flexibel auf Stress oder Krisen zu reagieren und diese zu bewältigen.

Unser Mindset spielt auch hier eine entscheidende Rolle: Bin ich es mir überhaupt wert gesund zu sein? Oder ist Gesundheit eher etwas, das ich anderen zugestehe? Es lohnt sich, hier die eigenen inneren Überzeugungen zu überprüfen, denn sie wirken häufig wie eine Self-Fulfilling Prophecy – eine sich selbst erfüllende Prophezeiung – im positiven wie im negativen Sinn. 

4. Selbstverantwortung
…ist die Fähigkeit, das eigene Leben konsequent in die Hand zu nehmen.


In Krisen neigen wir rasch dazu, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben. „Ich konnte ja nicht, weil….“, „Ich hätte ja gerne, aber…“, oder „Da kann man nichts mehr machen…“. Jeder von uns kennt solche Sätze. Sobald wir erkennen, dass wir nicht „Opfer“ irgendwelcher Umstände sind, sondern immer eine Wahl haben und aktiv auf unsere Gesundheit und unser Leben Einfluss nehmen können, wird sich in unserem Leben etwas verändern. 

5. Veränderungsbereitschaft und Lösungsorientierung
…ist die Fähigkeit, vom Problem- in den Lösungsmodus zu wechseln.


Bin ich generell an einer Lösung interessiert und bereit, das zu verändern, was mich krank macht oder stresst? Und bin ich bereit die damit verbundenen Konsequenzen einzugehen (z.B. Job- oder Partnerwechsel, Änderung meiner Ernährungs- und Bewegungsmuster)? Hierbei muss Veränderung kein radikaler Schritt sein. Auch viele kleine, aber konsequente Schritte führen zum Ziel. Solange wir das Problem „weg-argumentieren“ und nicht konsequent an einer Lösung arbeiten, wird sich nichts ändern. In diesem Fall ist die Aufrechterhaltung des Problems für den Klienten wertvoller als dessen Lösung.

6. Selbstwirksamkeit
…ist die Fähigkeit, die eigene Stärke als Motor der Veränderung zu erleben.

Hierbei geht es darum zu erleben, wie es ist, selbst der Motor für Veränderungen zu sein. Ein schönes Beispiel hierfür ist unsere Kondition: Je mehr wir diese trainieren, desto besser werden wir z.B. Treppen steigen oder einen Dauerlauf machen können. Auch hier geht es um das richtige persönliche Maß, Geduld und die notwendige Ausdauer. 

7. Netzwerkorientierung
…ist die Fähigkeit, sich mit anderen Menschen zu verbinden.


Wir sind niemals alleine mit unseren Themen! Uns mit unserer Umwelt, unseren Mitmenschen gut zu verbinden, schafft eine Stabilität, die Körper, Geist und Seele stärkt. Je stabiler unsere Netzwerke sind, desto mehr fühlen wir uns gesehen und aufgehoben. Gerade jetzt in der Corona-Zeit ist dies von hoher Bedeutung, wenn wir erleben, wie wohltuend ein Anruf sein kann oder wenn wir z.B. durch unsere Nachbarn Unterstützung erfahren. 

8. Zukunftsgestaltung /Visionsentwicklung
…ist die Fähigkeit, ein inneres Bild von unserem gesunden Ich zu entwickeln.

Ein kraftvolles Bild davon zu entwickeln, wer ich sein will und wie ich leben möchte, zählt nach unserer Erfahrung zu den stärksten Resilienzfaktoren. Denn wie die Neurobiologie zeigt, reagiert unser Gehirn mit denselben Hirnzellen auf die Realität wie auf eine Vorstellung. Und wenn wir unsere Ziele so „wohlgeformt“ gestaltet haben, dass sie wirklich zu uns passen, wirken sie wie ein innerer Leitstrahl oder ein Navigationsgerät, das uns unserem Ziel Schritt für Schritt näherbringt. 

Wir wünschen Ihnen, dass Ihnen die acht Faktoren helfen, Ihre Widerstandskräfte so zu stärken, dass Sie mit neuer Kraft durch berufliche, private oder gesundheitliche Krisen gehen! Wenn Sie auf diesem Weg Unterstützung brauchen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

1) Dieses Modell erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Vergleich der Fachliteratur zeigt, dass es nicht das einheitliche Resilienz-Modell gibt. Viele Autoren arbeiten in enger Anlehnung an die „7 Säulen der Resilienz“ der deutschen Psychotherapeutin Micheline Rampe. Vgl. „Der R-Faktor: Das Geheimnis unserer inneren Stärke, 2005. 
In der Fachwelt gibt es einen Streit darüber, was „wahre“ und „falsche“ Resilienzfaktoren sind, denn bereits 2003 hatten die amerikanischen Psychologen Karen Revich und Andrew Shatté in ihrem Buch „The Resilience Factor“ sieben Begriffe festgelegt, die sich hiervon z.T. unterscheiden.
Vgl.: https://www.das-resilienz-programm.de/ratgeber/resilienzfaktoren.html , Vgl. hierzu auch Weber, Petra, 2015. Quelle: https://www.coachingzentrumheidelberg.de/wissen-services/artikel-die-echten-resilienzfaktoren/
Vgl. auch Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Resilienz_(Psychologie)
2) Simonton, O. Carl: Wieder GESUND werden, Eine Anleitung zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte für Krebspatienten und deren Angehörige, rororo-Verlag, 15. Auflage, 2007. S. 118 ff.

Fotos von www.unsplash.com und www.fotolia.com

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