Sie befinden sich hier:

„Hilfe, ich muss perfekt sein“ – Vom inneren Antreiber zur dynamischen Werte-Balance

Coaching mit dem Werte-Quadrat im Raum

Wir alle tragen innere Überzeugungen und Werte in uns, wie wir uns beruflich und privat verhalten wollen. Diese können hoch motivierend sein und unsere Arbeit beflügeln. Dann sprechen wir von Motivatoren. Wer es jedoch mit dem motivierenden Verhalten übertreibt, droht eine innere Grenze zu überschreiten, wo die Motivatoren zu Stressoren werden.

Die Arbeit mit dem Werte-Quadrat zeigt individuelle Möglichkeiten auf, wie wir eine dynamische Balance zwischen unseren Motivatoren und Stressoren finden können. Die Padberg-Beratung hat dieses Format gezielt weiterentwickelt. Die Erlebbarkeit des Modells im Raum sichert für die Klient:innen nachhaltige Entwicklungsmöglickeiten.

Monika S. liebt ihren Job als Marketingchefin – sie arbeitet viel, gern und bezeichnet sich selbst als „Perfektionistin“ und „Workaholic“. Genau das ist für sie Segen und Fluch zugleich.

Mit der Gründung ihrer eigenen Marketingagentur hat sich die 43-jährige vor sechs Jahren einen Lebenstraum erfüllt und sie gibt beruflich sowie privat immer Vollgas. „Wenn eine Arbeit zu 95 % erledigt ist, reicht mir das nicht, ich will immer das Maximale rausholen. Meine Kundinnen und Kunden lieben das, weil sie optimale Ergebnisse bekommen. Aber ich selbst stoße in letzter Zeit an gesundheitliche Grenzen. Auch meine Angestellten beklagen sich immer häufiger, dass ich sie überfordere.“ Ihr Thema setzt sich privat fort: Auch der Haushalt, die Schularbeiten der Kinder und die Beziehung zu ihrem Mann müssen perfekt sein. Kein Wunder, dass sie kurz vor dem Burnout steht.

Was Monika hier erlebt, kennen die meisten von uns: Wir fühlen zwar einerseits motiviert, häufig aber auch innerlich getrieben. Meist treibt uns niemand von außen, sondern wir treiben uns selbst an. Dabei ist der innere Antreiber, „ich muss perfekt sein“ nur einer von mindestens vier weiteren. Hierzu zählen auch: „Sei stark“, „sei gefällig“, „beeil Dich“, „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“. Nicht selten arbeiten in uns gleich mehrere dieser Antreiber zusammen.

Die Grenze vom Motivator zum Stressator ist schmal - Überperfektionistisch bis zum Burnout

Doch niemand von uns kommt als Perfektionist auf die Welt oder mit dem Grundsatz, es immer allen recht machen zu müssen. Gelernt haben wir diese inneren Antreiber häufig durch unsere Eltern sowie durch Erzieher:innen oder Lehrer:innen. In bester Absicht haben sie uns ihre Ratschläge, Lebensweisheiten oder Erwartungen mit auf den Weg gegeben, weil sie es auch so gelernt haben und für ihre Kinder nur „das Beste“ wollen. Hinzu kommt, dass Fleiß, Ehrgeiz und Ausdauer als Normen und Tugenden bis heute hoch Kurs stehen und als Motor von Wirtschaft und Gesellschaft gelten.

Als Kinder hinterfragen wir das nicht. Vielmehr neigen wir dazu, solche „Leitsätze“ ungeprüft in Form von inneren Überzeugungen oder Glaubenssätzen unbewusst zu übernehmen.

Nach dem Schema, „ich bin für meine Eltern nur dann liebenswert, wenn ich meine Schularbeiten so perfekt wie möglich erledige“, passen wir uns an und lernen schon als Kinder, unsere ureigenen Bedürfnisse zu unterdrücken, wie Gerald Hüther in seinem Buch „Lieblosigkeit macht krank“ darlegt.[1] Genährt werden diese Muster durch Lob und Bestätigung unseres Umfeldes, so dass sie sich weiter unbewusst immer stärker verfestigen. Wie selbstverständlich begleiten uns die daraus abgeleiteten Verhaltensmuster wie Ehrgeiz, Fleiß sowie Überengagement bis in den Job, die Partnerschaft und die Erziehung der eigenen Kinder.

Die Crux: Unsere inneren Antreiber sind in ihrer positiven Verhaltensausprägung motivierend für uns, denn sie spornen uns z.B. zu Höchstleistungen an, lassen uns Leistungsgrenzen ausloten und überschreiten. Insofern sind sie in hohem Maße auch Motivatoren. Doch Achtung: Das gilt nur solange wir die häufig sehr schmale Grenze wahrnehmen, an denen die Motivatoren zu Stressoren werden.

Monika S. kennt diese Grenze „eigentlich“ auch. „Wenn ich am PC eine Kampagne ausarbeite, kenne ich kein zeitliches Limit. Ich habe so viele Ideen im Kopf und die Arbeit macht mir so viel Spaß, dass ich Hunger und Durst verdränge. Und obwohl mein Körper mir glasklar kommuniziert, dass ich eine Pause brauche, mache ich weiter. Dann passieren mir Fehler, auch kommunikativ mit meinen Angestellten und ich brauche noch mehr Zeit, um diese wieder auszubügeln“, erzählt sie. Beginnt ihr Arbeitstag also zunächst hochmotiviert, endet er in letzter Zeit immer häufiger für sie in totaler Erschöpfung und im Chaos. Sie findet keinen Weg aus diesem Hamsterrad, nimmt Schlafmittel und fühlt sich völlig ausgelaugt. Deshalb kommt sie zum Coaching.

Arbeiten mit dem Werte-Quadrat im Raum

Die Padberg-Beratung hat das kognitive Modell von Schulz von Thun um das Arbeiten mit den Elementen im Raum erweitert. So erleben die Coachees, was die Antreiber und Erlauber so wie deren Extreme für sie konkret bedeuten.

Als hilfreiches Coaching-Tool bietet sich hier das Werte-Quadrat von Paul Hellwig und des Kommunikations-Psychologen Friedemann Schulz von Thun an.[2] Danach ist zunächst jeder Wert oder jede innere Überzeugung von einer positiven Absicht getragen. In unserem Beispiel besteht sie bei „ich muss perfekt sein“ darin, eine Tätigkeit bestmöglich auszuführen und abzuschließen. So weit so gut. Machen wir das allerdings so wie Monika, läuft diese positive Intention ins Extrem. Das heißt, wer es wie sie mit der Perfektion übertreibt, droht überperfektionistisch oder pedantisch zu werden und sich im Detail zu verlieren. Mit der Folge, sich gesundheitlich immer ausgelaugter zu fühlen, keine Zeit mehr für die eigenen Bedürfnisse zu haben, bis hin zur völligen Erschöpfung.

Was also tun? Nach Schulz von Thun kann jeder Wert bzw. jede innere Überzeugung nur dann seine optimale Wirkung entfalten, wenn er sich in einem konstruktiven Spannungsverhältniszu seinem positi­ven Gegenwert befindet.

Damit wird beim Werte- und Entwicklungs-Quadrat die Vorstellung eines optimalen Wertes, den wir leben wollen, zugunsten der Vorstellung einer dynami­schen Werte-Balance aufgegeben. Man könnte auch sagen, dass jeder motivierende Wert oder „Antreiber“ als Gegengewicht einen inneren „Erlauber“ braucht und es darum geht, diese auszubalancieren.

Nach dem Modell von Schulz von Thun wird das Format rein kognitiv durchlaufen. Die Padberg Beratung hat es durch die Arbeit mit der Mental Space Psychology so weiterentwickelt, dass es für die Coachees zu einem erlebbaren Modell im Raum wird.  Das heißt, der/die Coachee prüft auf jeder der vier Positionen sein/ihr Erleben in Bezug auf jeweils eine konkrete Situation. „Der Vorteil ist, dass die Coachees aus dem rein Kognitiven rauskommen und statt dessen über alle Sinne erleben können, wo genau die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten liegen“, so Ekkehart Padberg.

Als Monika im Coaching auf die im Raum markierte Position für ihren Glaubenssatz „ich muss perfekt sein“ tritt, versetzt sie sich innerlich in eine Situation, in der dieser für sie aktiv ist. Sie erkennt, dass er für sie mit dem positiven Wert verbunden ist, ihre Arbeit grundsätzlich so gut wie möglich zu machen. Von dieser Position geht sie in das Extrem, dass für sie in „überperfektionistich“ besteht. Sie durchlebt auch hierzu eine konkrete Situation aus ihrem Berufsalltag und erkennt: „Dauerhaft werde ich so im Burnout enden.“ Wichtig ist danach für sie wahrzunehmen, ab welchem Punkt der  Wert ins Extrem kippt. „Die kritische Schwelle ist für mich dann erreicht, wenn ich mental in einen Tunnel gerate, überengagiert bin und meine Bedürfnisse vernachlässige.“ 

Dynamische Werte-Balance

Als positives Gegengewicht (Erlauber) zu „ich muss perfekt sein“ wählt sie „80 Prozent statt 100 Prozent Leistungseinsatz reichen meistens auch und ich darf Pausen machen.“ Sie geht an die hierfür im Raum markierte Stelle und spürt nach, wie sie das erlebt. „Dann habe ich für mich selber viel mehr Raum und kann die 20 % Energie hierfür nutzen“, sprudelt es auch ihr heraus. Danach gefragt, wie sie das Extrem hierzu erlebt, lacht sie erschrocken: „Dann drehe ich mich ja nur noch um mich und überlasse alles dem Zufall. Das will ich auf keinen Fall.“

Gerade die Arbeit mit den Extremen macht den Coachees sehr schnell deutlich, was ein dauerhaftes Erleben dieses Zustandes für sie konkret bedeuten würde und welche individuellen Entwicklungsmöglichkeiten hierin liegen.  Diese Überzeichnung des Phänomens rüttelt die Klient:innen meist sehr schnell wach, weil sie ein Gefühl für die unmittelbaren Konsequenzen bekommen.

„Alles schleifen zu lassen ist für mich keine Option. Aber mehr Pausen und Ich-Zeit würden mir gut tun, gerade um wieder neue kreative Ideen zu entwickeln“, erkennt die Monika.

Die konkreten Entwicklungsmöglichkeiten für den/die Coachee liegen im Zentrum der vier Positionen. Monika stellt sich hierfür in die Mitte der vier Positionen und klärt, welche Schritte sich aus dem Erlebten ergeben. „Ich werde versuchen, mehr Achtsamkeit und Gelassenheit in meinen Alltag zu integrieren. Das erkenne ich daran, dass ich bei der Arbeit soviel Perfektionismus an den Tag lege, wie es mir gut tut. Ich werde auf meine innere Schwelle achten und gezielt alle zwei Stunden eine kurze Pause sowie 2 Mal pro Woche Sport machen. Am Wochenende gibt es einen komplett freien Tag für gemeinsame Aktivitäten mit meinem Mann und den Kindern“, fasst die Marketingchefin zusammen. Sie ist überzeugt: „Das räumliche Erleben fand ich bei der Lösungsfindung extrem hilfreich. Rein kognitiv wäre ich nicht soweit gekommen.“

Fazit

Wir alle tragen innere Überzeugungen und Werte in uns, wie wir uns beruflich und privat verhalten wollen. Diese können hoch motivierend sein, und unsere Arbeit beflügeln. Dann sprechen wir von Motivatoren. Wer es jedoch mit dem motivierenden Verhalten übertreibt, droht eine innere Grenze zu überschreiten, wo die Motivatoren zu Stressoren werden. Die Arbeit mit dem Werte-Quadrat zeigt individuelle Möglichkeiten auf, wie wir eine dynamische Balance zwischen unseren Motivatoren und Stressoren finden können.

[1] Hüther, Gerald: Lieblosigkeit macht krank, Was unsere Selbstheilungskräfte stärkt und wie wir endlich gesünder und glücklicher werden. Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau, 2021.

[2]Vgl. https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-werte-und-entwicklungsquadrat. Dieses geht ursprünglich auf Professor Nicolai Hartmann zurück. Hartmann in seiner „Ethik“ (1926) die Tugend nicht mehr als Mitte zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig angesehen hat, sondern erkannt hat, dass zwei positive Werte in einem Spannungsverhältnis stehen und nach einer Synthese suchen. Helwig aber hat die Sache handhabbar gemacht.

Teile diesen Post: